Zanetti zu kantonalen Finanzdirektoren, die mit der Herde blöken

Als seinerzeitiger Präsident der vorberatenden Kommission des Ständerates habe ich die schwere Geurt der Unternehmenssteuerreform III (USR III) hautnah miterlebt. Ich erinnere mich noch sehr genau an die jeweiligen Positionen der Beteiligten.

Der Bundesrat wollte mit der USR lll eine Anhebung der Dividendenteilbesteuerung auf 70 Prozent. Die Finanzdirektorenkonferenz und 21 von 26 Kantonsregierungen (u. a. Solothurn) haben dies in der Vernehmlassung ausdrücklich begrüsst. 10 Kantonsregierungen (u.a. Solothurn) wollten gar eine Erhöhung auf 80 Prozent. Das Parlament hat die vom Bundesrat beantragte Erhöhung auf70 Prozent abgelehnt. Dem Bund gehen damit mindestens 76 Millionen, den Kantonen mindestens 346 Millionen verloren.

Die Konferenz der Kantonsregierungen, die Finanzdirektorenkonferenz sowie 20 von 26 Kantonsregierungen (u.a. Solothurn) haben in der gleichen Vernehmlassung die Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer lauthals abgelehnt. Das Parlament hat sie gegen den ausdrücklichen Willen des Bundesrates und der klaren Mehrheit der Kantonsregierungen trotzdem in die Vorlage aufgenommen. Das hat für den Bund Mindereinnahmen von mindestens 266 Millionen und für die Kantone von mindestens 344 Millionen zur Folge.

Das gleiche Parlament hat gegen den Willen des Bundesrates den Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer um rund 153 Millionen erhöht. Die vom Parlament verabschiedete USR lll kostet den Bund gegenüber der bundesrätlichen Variante somit zusätzlich knapp eine halbe Milliarde Franken mehr.

Die Kantone verlieren allein mit der Ablehnung der Erhöhung der Divdendenteilbesteuerung und der Einführung der zinsbereinigten Gewinnsteuer rund 690 Millionen. Dafür kriegen sie rund 153 Millionen mehr aus der direkten Bundessteuer. Der Negativsaldo zulasten der Kantone beträgt demnach deutlich mehr als eine halbe Milliarde Franken!

Mit Verlaub: Das ist ein schlechtes Geschäft für die Kantone und ihre Einwohner! Ein Aufschrei der Kantonsregierungen und insbesondere der Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren wäre zu erwarten! Aber weit gefehlt. Sie haben ihre eigenen Positionen für ein Butterbrot verraten und blöken nun mit der Herde der finanzpolitischen Fundis. Sie ereifern sich öffentlich über die ehemalige Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf und den ehemaligen Finanzdirektor Christian Wanner. Dabei haben Widmer-Schlumpf und Wanner bloss das gemacht, was man von ihren Nachfolgerinnen und Nachfolgern erwarten müsste: Sie haben gerechnet und Bilanz gezogen. Die Bilanz ist vernichtend ausgefallen! Während die Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren vor der Hochfinanz und deren Handlangem eingeknickt sind, haben Widmer· Schlumpf und Wanner Rückgrat bewiesen. Sie sind sich und der ursprünglichen Position des Bundesrates und der Mehrheit der Kantonsregierungen treu geblieben. Ihnen gebührt Respekt und der abverheiten USR III ein wuchti· ges NEIN!

Quelle: Solothurner Zeitung vom 30. Januar 2017